Die zweite OP

Gerade sind die ersten schlimmen Tage nach der Operation überstanden, gerade schöpft sie wieder Hoffnung und hat Aussicht auf Besserung, als die Nachricht kommt:

Klatsch! Das sitzt. Die Hoffnung, das positive Gefühl bekommt einen herben Dämpfer. Sie bricht in Tränen aus, gerade wo es anfing, besser zu werden, geht alles wieder von vorne los. Ich tröste sie. Versuche es zumindest. Rede ihr ein, dass es ihr danach bestimmt besser gehen wird. Und besser man macht es jetzt, wo man eh schon am Tiefpunkt ist, als irgendwann später. Das sieht sie natürlich ein. Das macht es aber auch nicht viel besser.

Diesmal soll die OP nachmittags stattfinden und nicht so lange dauern. Es geht ja „nur noch“ um diesen einen Fetzen und nicht mehr um mikrometergenaue Abtragung des Tumors. Aber aufschneiden muss man sie natürlich trotzdem ein zweites Mal. Dabei war die Wunde schon gut verheilt, wie die Ärzte sagten.

Ich fahre Montagmorgen natürlich wieder nach Münster. Kurz vor 14 Uhr wird sie abgeholt, drei Stunden soll es dauern. Bis sie wach und auf dem Zimmer ist, ist es sicher wieder spät, und bis sie ansprechbar ist, noch später; daher sind wir uns einig, dass ich nach Hause fahre und erst am nächsten Tag wiederkomme. Ich bitte darum, mich so schnell wie möglich anzurufen.

Es kommt kein Anruf. Nicht um 17 Uhr, nicht bis 18 Uhr, nicht bis 19 Uhr. Dann halte ich es nicht länger aus und rufe selbst an. Sie sei noch im OP, aber fast fertig. OK, soviel zum Thema, dass es diesmal nicht so lange dauern wird. Aber ich solle mir keine Sorgen machen und in einer Stunde erneut anrufen. Um 20 Uhr ist sie wohl schon raus aus dem OP, aber die Leute von der Station wissen nichts Näheres. Später ist sie dann auf Station, aber niemand kann mir sagen, wie es um sie steht. Ich drehe fast durch.

Dann, es muss schon nach 22 Uhr gewesen sein, klingelt das Telefon. Es ist nicht die Klinik. Sie ist es selbst! Sie kann das Telefon bedienen, sie kann sprechen. Wenn ich daran denke, wie sie nach der ersten OP ausgesehen hat und wie lange sie gebraucht hat, um wieder halbwegs da zu sein, fast ein Wunder. Und sie ist total klar und ruhig. Sie sagt mir selbst, dass alles gut ist, dass es ihr viel besser geht, dass diese zweite OP sicher das Richtige war. Ich bin so froh, ihre Stimme zu hören, dass ich in Tränen ausbreche. Es geht ihr gut. Gott sei Dank! Lange dauert das Gespräch nicht, sie ist müde und kraftlos. Es fällt ihr schwer, das Telefon zu halten. Aber dieses Telefonat war wohl das Schönste, dass ich in meinem ganzen Leben geführt habe!

In Teil 11 geht es um den weiteren Klinikaufenthalt.