OP – ja oder nein?
Hier geht’s zu Teil 3 – Diagnose
Ein Tumor im Rückenmark – das ist es also! Gibt es was Schlimmeres? Bestimmt, würde ein Außenstehender sagen. Nein, sagen wir als Betroffene. Man sieht eine Welt zusammenbrechen.
Die gute Nachricht: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist der Tumor gutartig. Er muss sich dort über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte entwickelt haben. Vielleicht ist er sogar angeboren, man spricht von einem Kindertumor, der also schon lange da ist. Wäre er doch nur bloß früher entdeckt worden … Aber es hilft nichts, dass er wohl gutartig ist, ist ja immerhin auch etwas.
Die schlechte Nachricht: Wenn er weiterhin wächst, führt das früher oder später unweigerlich zur Querschnittslähmung. Irgendwann ist das Rückenmark komplett abgeschnürt und das Gehirn kann keine Signale mehr z.B. an die Beine senden. Eine operative Entfernung des Tumors ist damit quasi unausweichlich. Zwar weiß niemand, wie langsam der Tumor wächst und vielleicht dauert es noch Jahre, bis es zur kompletten Lähmung kommt, aber es gibt eben einen Zeitpunkt, an dem nicht mehr operiert werden kann. Mit jedem Tag, an dem der Tumor Nahrung bekommt und wachsen kann, steigt das Risiko, bei einer OP mehr zu zerstören als zu retten. Und irgendwann wird eben nicht mehr operiert. Da die Symptome schon jetzt immer stärker werden, liegt die Vermutung nahe, dass es doch eher kürzer als länger dauert, bis dieser Zeitpunkt erreicht ist.
Doch da gibt es eine weitere schlechte Nachricht: Da das Rückenmark bekanntlich sehr sensibel und durch den Tumor – den Fremdkörper – ohnehin schon gereizt ist, besteht ein hohes Risiko, dass während der OP etwas beschädigt wird, was unter Umständen eine sofortige Querschnittslähmung zur Folge hätte. Dazu kommt, dass es alles andere als einfach ist, an den Tumor heranzukommen. Einzelne Wirbel müssen dafür „aufgemeißelt“ werden, die Fortsätze werden dabei „abgesägt“ (und später natürlich wieder aufgesetzt); vorher müssen das dortige Gewebe und Muskeln beiseitegeschoben werden. Durch die Wirbelsäule geht es dann ins Rückenmark. Das muss aufgeschnitten werden, und durch diesen Schnitt bekommt man erst Zugang zum Tumor. Dieser Schnitt ist unausweichlich und hier wird auf jeden Fall etwas „zerschnitten“, hoffentlich die etwas „unwichtigeren“ Nerven. Man hat also nur sehr wenig Platz zum Arbeiten, das ganze wird auch unter dem Mikroskop gemacht, wie ich das verstanden habe. Die Ärztin meinte, da sind selbst die meisten OPs am Gehirn einfacher, weil man wesentlich mehr Platz hat.
Also gilt es abzuwiegen. Ohne OP weiterleben und hoffen, dass es noch möglichst viele Jahre bis zur Lähmung dauert und dann ab in den Rollstuhl? Oder eine OP riskieren, die schlimmstenfalls den sofortigen Rollstuhl zur Folge hat? Die aber – wenn alles gut geht – auch Besserung verspricht oder auf jeden Fall zumindest den jetzigen Zustand hält und alles nicht noch schlimmer wird – womit man ja auch leben könnte?
Auch wenn man hier sicher lange darüber nachdenken und alle Fürs und Widers diskutieren könnte, ist für meine Frau schon auf der Heimfahrt klar:
Das ständigen Hören auf den Körper, ob vielleicht schon Verschlechterungen auftreten, machen einen auf Dauer sicherlich verrückt. Für sie steht sofort fest, dass sie die OP riskieren will, alles andere ist keine Option.
Ich hatte gehofft, dass sie das sagt, denn ich sehe das ähnlich.
OMG, ich habe deine 4 Blogs gerade erst gelesen (bin nicht oft in Google+), aber ich finde es sehr, sehr bewundernswert, wie ihr mit dieser Diagnose/Krankheit umgeht. Es ist klasse, dass ihr dabei auch an andere Menschen denkt, die von so einer Diagnose auch betroffen sein können.
Ich möchte euch an dieser Stelle alles erdenklich Gute wünschen, ich hoffe, dass die OP gut verläuft und sich alles zum Guten wendet. Ich bete für euch…
Hallo Heike, danke für deinen netten Kommentar.
Also die OP ist schon lange hinter uns, ich veröffentliche die Artikel rückblickend so nach und nach. Tut mir leid, dass es zu diesem Missverständnis gekommen ist. Es geht meiner Frau schon sehr gut, Gebete sind aber dennoch willkommen. Ist noch ein weiter Weg.
LG Andreas
Ich habe genau diese Diagnose gestern bekommen und bin sehr froh, das hier gefunden zu haben. Klar macht es auch Angst, aber es tut gut es mal auf Betroffensicht zu lesen.
Hallo Mona,
die Diagnose tut uns sehr leid. Die Angst können wir natürlich leider nicht nehmen, da sie auch vollkommen berechtigt ist. Jeder Tumor verhält sich anders, jeder Kranheitsverlauf ist anders, daher weiß leider niemand, wie genau es bei dir ablaufen wird. Bei uns war der Tumor schon sehr groß, dennoch können wir trotz der Einschränkungen ein halbwegs normales Leben führen. Wir hoffen, dass es bei dir noch nicht so weit fortgeschritten ist und daher deine Aussichten noch viel besser sind. Wir wünschen dir viel Kraft, das Ganze durchzustehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
LG Andreas
Hallo Andreas
Meine OP ist jetzt eine Woche her. Ich bin seit zwei Tagen wieder zu Hause und ich laufe!!! Professor Westphal hat wirklich Wunder verbracht, denn ausser dem Taubheitsgefühl in den Beinen habe ich keinerlei Einschränkungen. Einen Wermutstropfen gibt es leider, es wurden bei mir noch zwei Akustikusneurinome im Kopf gefunden und damit wohl die unausweichliche Diagnose :Neurofibromatose!
Nun gut das Leben geht weiter und wieder habe ich das Glück, dass ich mit Prof. Maut er eine wahre Korphae hier in Hamburg habe. Stay strong!
Hallo Andreas,
Dein Erfahrungsbericht ist zu negativ und zu pessimistisch. Ich hatte ein Schwannom, welches mit 1,6cm Durchmesser fast den ganzen Rückenmarkskanal ausgefüllt hat. Ich hab das operieren lassen und es war von Anfang an klar, daß sehr gute Chancen bestehen das Schwannom ohne große Folgeschäden entfernen zu können. Da der Tumor gutartig ist, wird im Zweifelsfall eher ein Stück dringelassen (auch mit dem Risikio daß es dann irgendwann nachwächst), als das Nerven beschädigt werden.
Ein Risiko besteht aber immer !!!
Also ich kann nur jeden ermutigen, gleich zum Neurochirurgen zu gehen und nicht zu warten.
Vor 6 Tagen habe ich meines entfernen lassen. Ich kann laufen, auf die Toilette gehen, alles wie davor. Stand jetzt noch ein paar Nervenschmerzen und pelziges Gefühl im linken Bein.
Und das geht auch weg.
Also nicht runterkriegen lassen! Das ist gut heilbar !!!!
Hallo Andi,
es freut uns, dass bei dir alles gutgegangen ist und wünschen auch weiterhin alles Gute und dass die Heilung wunschgemäß verläuft.
Wenn du die anderen Artikel der Serie gelesen hast, dann weißt du ja bereits, dass ich diesen Erfahrungsbericht rückwirkend geschrieben habe. Die OP ist also längst gelaufen, 2015 bereits, um genau zu sein. Wie es weitergegangen ist, kannst du den neueren Beiträgen zu dem Thema entnehmen.
Zu negativ oder zu pessimistisch finde ich auch eine zu pauschale Aussage. Es ist ja ein persönlicher Bericht. Jeder Mensch ist anders und fühlt anders. Schön, dass du dir wenig Sorgen gemacht hast. Wir aber schon. Vor allem, da uns der erste Neurochirurg wenig Hoffnung gemacht hat. Dass alles mehr oder weniger gut werden würde, konnten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen.
Genauso verhält es sich mit dem Wort „heilbar“. Nervenschäden sind grundsätzlich nicht wirklich heilbar. Sie können sich zwar generieren, aber das ist nicht garantiert. Meine Frau hat auch 7 Jahre nach dem Eingriff immer noch Gefühlsstörungen in den Beinen und einen unsicheren Gang. Ich wünsche, dass es bei dir besser verläuft.
Liebe Grüße,
Andreas
Hallo ich habe vor sechs Monaten auch eine Diagnose bekommen an den Rückennerv L3
Schwannom Ich war drei verschiedene Ärzte zwei haben zu mir gesagt ich sollte das operieren und ein Arzt hat mir gesagt ich sollte eine Ganzkörper MRT machen und abwarten ob das wächst oder nicht man sollte das nicht direkt operieren ich weiß es nicht wie es weitergeht
Hallo Ina.
Es tut uns leid, das zu hören.
Das ist natürlich keine leichte Entscheidung. Wenn der Tumor noch sehr klein ist und keine Nerven abdrückt und nicht weiter wächst, ist eine OP vielleicht tatsächlich nicht nötig. Aber besser operieren, wenn es noch nicht so schlimm ist, denken wir. Bei uns war es leider fast schon zu spät und eine OP unausweichlich.
Du kannst uns gerne auf dem laufenden halten.
Wir wünschen auf jeden Fall alles Gute und viel Kraft mit dieser Diagnose.
Liebe Grüße
Andreas & Irina