Die Zeit bis zur OP

Nachdem die Entscheidung nun also auf die Uniklinik Münster gefallen ist, steht auch der OP-Termin schnell fest. Am 28.07.2015 soll es soweit sein. Gut vier Wochen also noch. Vier Wochen der Ungewissheit, der Sorge, ja der Angst. Auf der einen Seite die Aussicht auf Rollstuhl und ein Ende des Lebens, wie man es bisher geführt hat. Und: was, wenn das Schlimmste eintritt und sie die OP nicht überlebt? Das steht zwar eigentlich gar nicht zur Debatte, aber wer weiß das schon … Was soll ich ohne sie machen? Sieben Jahre sind wir nun verheiratet. Sieben wunderbare Jahre. Sogar das „berüchtigte verflixte siebte Jahr“ haben wir unbeschadet überstanden. Und es sollten doch noch so viele Jahren folgen …

Auf der anderen Seite aber auch die Hoffnung. Hoffnung, dass alles wieder gut wird, oder zumindest nicht allzu schlimm. Die Zeit ist schwer und kommt einem unendlich lang vor. Jeden Tag schwirren die gleichen Gedanken im Kopf herum. Was ist mit dem gerade erst gekauften Haus? Können wir das dann noch finanzieren? Wer kümmert sich um alles? Und viele weitere Fragen beschäftigen einen dann plötzlich. Und dann spielt da auch der Kopf noch eine Rolle. Plötzlich kribbelt es hier und da, sie bildet sich Verschlechterungen ein, die es gar nicht gibt. Auch nicht gerade hilfreich.

Schön blöd, dass wir eine Risikolebensversicherung auf unser Darlehen für überflüssig gehalten und daher keine abgeschlossen haben. Ich versuche es jetzt noch, aber aufgrund der unerfreulichen Angaben zum Gesundheitszustand wird sie abgelehnt. Auch das noch. War aber zu erwarten. Wobei das eher meine Frau noch mehr niederdrückt als mich selbst. Sie will, dass es mir im Fall der Fälle nicht noch schlechter geht als so schon und ich mir wenigstens finanziell keine Sorgen machen muss.

Der geplante Dänemark-Urlaub mit der Familie meiner Frau kommt da eigentlich wie gerufen. Da sich physisch durch die Diagnose nichts geändert hat und es ihr körperlich nicht schlechter geht als bisher, gibt es keinen Grund, den Urlaub abzublasen. Im Gegenteil tut es ihr (und auch mir) sicherlich gut, auf andere Gedanken zu kommen und so ihren psychischen Zustand etwas zu verbessern. Und noch ein Gedanke stellt sich unweigerlich ein: Wer weiß, ob wir überhaupt jemals wieder die Möglichkeit haben werden, in den Urlaub zu fahren … Also genießen wir die Woche in Dänemark so gut es unter den Umständen eben geht.

Arbeiten muss sie nicht mehr. Die Ärzte haben direkt nach der Diagnose die Empfehlung ausgesprochen, sie aufgrund der psychischen Belastung krankzuschreiben.

Naja, was soll man über diese Zeit noch groß schreiben? Es ist fast unmöglich, das, was man in einer solchen Situation fühlt, in Worte zu fassen. Ich versuche stark zu sein. Sie versucht stark zu sein. Und sie ist es. Stärker als ich. Obwohl sie sich noch viel elender fühlen muss als ich. Aber ich bin es, der abends im Bett liegt und vor sich hin weint. Nicht sie. Nur wenn ich sie anstecke. Dann weinen wir zusammen. Auch wenn das nicht hilft.

Aber da ist ja noch die Hoffnung, und die trägt einen von Tag zu Tag …

In Teil 8 erzähle ich von der Einlieferung ins Universitätsklinikum Münster und die erste OP.